Während die Pflegeeltern durch das Vorbereitungsseminar und den anschließenden Vorbereitungsprozess als auch durch die kontinuierliche Begleitung und Beratung bestens bei ihrer Aufgabe im Alltag durch das Familiennetzwerk Siegen unterstützt werden, bedarf es für die leiblichen Eltern einer gesonderten,
auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Prozessbegleitung.
Unsere Elternberatung orientiert sich dabei an der individuellen Situation der leiblichen Eltern und begleitet und unterstützt die Herkunftseltern bei ihren Fragen und Anliegen, insbesondere bei der Neudefinition ihrer Rolle und ihrer Aufgaben. Im Mittelpunkt der Beratung steht somit die Gestaltung und der Umgang mit der Situation und dem Ziel, sie zu stabilisieren.
AUFGABE UND INHALTE
Mit Eltern, deren Kind jetzt woanders lebt, muss neu definiert werden, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten sie in Zukunft wahrnehmen wollen, sollen und können. Die Elternberatung unterstützt die Eltern dabei, einerseits Verantwortung für ihr Leben ohne anwesendes Kind zu übernehmen und andererseits Regeln für die Gestaltung der Besuchskontakte zu entwickeln, die die Eltern in angemessener und stimmiger Weise einbindet, obwohl die Alltagsverantwortung für das Kind jetzt bei den Pflegeeltern liegt. Die Elternberatung arbeitet nach dem Grundsatz, dass es Eltern, die sich gehört und begleitet fühlen, leichter fällt, an der Entwicklung von Lösungen
und der Klärung von Konflikten mitzuwirken und infolgedessen ihr Kind in der Pflegefamilie zu unterstützen. Durch diese Mitwirkungsmöglichkeiten der Eltern wird das Kind entlastet und der kontinuierliche Fortbestand von Kontakten zu seinen Eltern kann leichter ermöglicht werden, zu Beginn ebenso wie im Verlauf des Pflegeverhältnisses. Dies ist umso bedeutender, da die Qualität der Zusammenarbeit mit den Eltern, ihre Einbeziehung und das Verhältnis zwischen Eltern und Pflegefamilie kurz- und langfristig einen entscheidenden Einfluss auf die Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes haben.
ZIELE
Die Elternberatung soll es daher allen Beteiligten von Anfang an leichter machen, akzeptierend und wertschätzend miteinander umzugehen, verlässliche Vereinbarungen zu treffen, Nähe und Distanz zu regulieren, um so für das Kind in unterschiedlicher Weise Verantwortung übernehmen zu können. Demgemäß verfolgt die Elternberatung folgende Ziele:
- Eltern sollen sich mit Gefühlen wie z.B. Verlustangst,
Wut und Scham auseinandersetzen können.
- Eltern sollen ein inneres Einverständnis zur
Fremdunterbringung entwickeln und somit eine
Akzeptanz für die Situation gewinnen können.
- Eltern sollen Verantwortung für den eigenen Anteil am
Geschehen entwickeln. Die Auseinandersetzung mit
der eigenen Biografie kann dazu ein Schlüssel sein.
- Eltern und Pflegeeltern sollen sich einander
akzeptierend und wertschätzend begegnen können,
Vereinbarungen sollen verbindlich eingehalten sowie
Sprachregelungen entwickelt und eingeführt werden,
die die familiäre Situation kindgerecht benennen und
erklären.
- Besuchskontakte sollen quantitativ und qualitativ
stimmig in Bezug auf das Kindeswohl gestaltet werden
können.
- Eltern sollen eine elterliche Haltung entwickeln
können, die dem Kind hilft, die Trennung und
Loyalitätskonflikte zu verarbeiten, und die Eltern und
Kind erlaubt, Zuneigung und Liebe auszudrücken, auch
wenn die Eltern die tägliche Sorge nicht übernehmen.
Dies ist eine wichtige Bedingung dafür, dass das Kind
in der Pflegefamilie unbeschwert leben kann.
UMSETZUNG
Der Kernauftrag des Familiennetzwerks Siegen liegt schwerpunktmäßig in der Beratung, Begleitung und Unterstützung von Pflegefamilien. Folglich vertreten wir in dieser Rolle primär die Interessen und Anliegen der Pflegeeltern und -kinder. Mit Blick auf die Vermeidung von Interessens- und Loyalitätskonflikten ist es daher von Vorteil, die Elternberatung außerhalb unseres Verantwortungsbereiches und demzufolge auch außerhalb unserer Organisation anzusiedeln. Mit dieser Maßnahme ist gewährleistet, dass die Privatsphäre der jeweils anderen Familie sichergestellt ist und Informationen diskret und vertraulich behandelt werden.
Diese organisatorische Trennung wird auch vom Institut für Vollzeitpflege und Adoption e.V. iva unterstützt,
welches explizit darauf hinweist, dass die Elternberatung unabhängig von den fallverantwortlichen sozialen Diensten – in diesem Fall das zuständige Jugendamt (Allgemeiner Sozialer Dienst) und der Pflegekinderdienst – angeboten werden sollte. Es ist für leibliche Eltern immer einfacher und leichter sich für eine Unterstützung an eine Stelle zu wenden, die nicht an der Trennung von Ihrem Kind beteiligt war.
Die von uns gewählte Lösung ist eine strategische Kooperation mit der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle des Ev. Kirchenkreises Siegen (EFL). Gemeinsam bündeln wir unsere fachspezifischen Kernkompetenzen und Erfahrungen im Sinne und zum Wohle der Pflegeeltern, -kinder und leiblichen Eltern.
Wir vom Familiennetzwerk Siegen sind dabei grundsätzlich durch die Beauftragung des Jugendamtes gesamtverantwortlich für das Pflegeverhältnis – d.h. für das Pflegekind, für die Pflegeeltern und die leiblichen Eltern – und erster Ansprechpartner für das jeweilige Jugendamt.
In Absprache mit dem Jugendamt binden wir je nach Bedarf und Situation die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle des Ev. Kirchenkreises Siegen (EFL) mit ein, die dann die Elternberatung durchführt.