Die familiäre Bereitschaftsbetreuung FBB bzw. Bereitschaftspflege ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention und dient vor allem der vorübergehenden Unterbringung eines Kindes in einer Bereitschaftspflegefamilie zu dessen Schutz und der Abklärung des Hilfebedarfs.
Es handelt sich um einen systematischen Prozess, in dem in einem relativ kurzen Zeitraum (von ein paar Tagen bis zu maximal 8 Monaten) zielgerichtete Aktivitäten hinsichtlich des Verbleibs des Kindes entwickelt werden.
Während der Bereitschaftspflege soll der Kontakt zu der Herkunftsfamilie aufrechterhalten werden. Charakteristisch sind der nicht vorhersehbare Beginn und die nicht vorhersehbare Aufenthaltsdauer des Kindes. Bei der Bereitschaftspflege steht nicht ein expliziter Erziehungsauftrag, sondern ein Klärungsauftrag im Vordergrund.
Die weiteren Perspektiven nach Beendigung der Bereitschaftspflege können die Rückführung in die Herkunftsfamilie, evtl. mit unterstützenden ambulanten Hilfen, die Vermittlung in eine geeignete Vollzeitpflegefamilie bzw. Adoptionsfamilie oder die Unterbringung in eine stationäre Einrichtung sein.
UNTERBRINGUNGSGRÜNDE
Bei der familiären Bereitschaftsbetreuung FBB bzw. Bereitschaftspflege liegt eine kindeswohlgefährdende Situation vor, die durch die Jugendhilfe abgewendet werden muss.
Die vorübergehende Unterbringung eines Kindes im Rahmen der Bereitschaftspflege kann notwendig werden bei:
- akuter Unterversorgung des Kindes
- physischer und psychischer Gewalt in der Familie
- Vernachlässigung des Kindes
- Notsituationen der Eltern bei gleichzeitig fehlendem
Netzwerk (z.B. Krankenhausaufenthalt, Therapie, Haft)
- Suchtmittelabhängigkeit der Eltern
- psychischer Erkrankung der Eltern
- Kindesaussetzung
NOTWENDIGES UMFELD
Für die Unterbringung der Kinder gilt, dass sie nach der dramatischen Situation der Trennung von den Eltern und des Herausreißens aus der vertrauten Umgebung ein geschütztes, konstantes und geborgenes Umfeld benötigen. Dies gilt umso mehr, je jünger die Kinder sind. Die Stabilisierung von durch familiäre Krisen
verunsicherten Kindern gelingt am besten in einem familiären Rahmen, wo dem Kind sowohl die "familiäre Atmosphäre" als auch die damit verbundene "Enge" bzw. "Nähe" für eine Übergangszeit hilfreich sind. Dieses Umfeld kann in einer Bereitschaftspflegefamilie anders sichergestellt werden als in einer stationären Einrichtung.
ZIELE DER BEREITSCHAFTSPFLEGE
Ziele der familiären Bereitschaftsbetreuung FBB bzw. Bereitschaftspflege sind der Schutz des Kindes vor einer weiteren Gefährdung oder Schädigung sowie seine Stabilisierung, die Beendigung der Eskalation und Krisensituation, Entlastung der Herkunftsfamilie sowie die Klärung des individuellen Hilfe- und
Betreuungsbedarfs des Kindes und der Perspektive des weiteren Verbleibs durch das Jugendamt. Grundsätzlich ist die Rückkehr des Kindes zu seiner Herkunftsfamilie vorrangig zu prüfen und gegebenenfalls mit anderen Hilfsmaßnahmen zu unterstützen.
AUFGABEN DER
BEREITSCHAFTSPFLEGEFAMILIE
Familiäre Bereitschaftsbetreuung FBB bzw. Bereitschaftspflege bedeutet, ein Kind für einen befristeten Zeitraum, in der Regel "von jetzt auf gleich", aufzunehmen. Die Herausforderungen, denen sich Bereitschaftspflegefamilien stellen, sind dabei groß.
Bereitschaftspflegefamilien nehmen ein Kind mit einer belastenden Familiengeschichte in Krisensituationen bei sich auf, häufig mit auffälligen Verhaltensweisen und Entwicklungsstörungen infolge seiner Vorgeschichte und der abrupten Trennung von seiner Familie.
Bereitschaftspflegefamilien bieten dem Kind in der Übergangsphase viel Zuwendung, Aufmerksamkeit, Stabilität, Klarheit und Strukturen, die es ihm ermöglichen, sich physisch und psychisch zu orientieren.
Die Bereitschaftspflegefamilie bietet Verlässlichkeit und macht notwendige Bindungsangebote, ohne die Kinder festhalten zu wollen. Darüber hinaus steht die Bereitschaftspflegefamilie mit der Familie des Kindes sowie dem Jugendamt und dem Familiennetzwerk Siegen in regelmäßigem Kontakt.
Bereitschaftspflege ist daher eine besondere Aufgabe und erfordert Pflegepersonen, die Erfahrung mit Kindern haben und sich eine intensive Betreuung für einen begrenzten Zeitraum vorstellen können.
Eine Bereitschaftspflegefamilie ...
- nimmt ein Kind in Abstimmung mit dem im
Vorbereitungsprozess erarbeiteten Profil zeitnah auf.
- betreut und versorgt das Kind im familiären Rahmen.
- bietet dem Kind Aufmerksamkeit, Stabilität, Klarheit
und Strukturen, die es ihm ermöglichen, sich physisch
und psychisch zu orientieren.
- fördert und unterstützt das Kind in seiner Entwicklung.
- geht mit dem Kind zum Arzt und nimmt
Regeluntersuchungen und Akuttermine wahr.
- begleitet das Kind im Bedarfsfall zu Therapieterminen
und Fördereinrichtungen.
- hält Kontakt zu den Betreuungseinrichtungen des
Kindes, zum Kindergarten oder zur Schule.
- begleitet das Kind zusammen mit dem
Familiennetzwerk Siegen bei den Besuchskontakten
mit seinen Eltern.
- beobachtet und dokumentiert die Entwicklung des
Kindes und beteiligt sich an der Perspektivplanung.
- kooperiert mit dem Familiennetzwerk Siegen und dem
Jugendamt und hält regelmäßigen Kontakt.
- begleitet und unterstützt das Kind bei der Rückführung
in die eigene Familie oder in eine anderweitige
Unterbringung.
- nimmt die vom Familiennetzwerk Siegen angebotenen
Austauschforen (z.B. Elternabend) und
Fortbildungsveranstaltungen in Anspruch.
VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE TÄTIGKEIT
ALS BEREITSCHAFTSPFLEGEFAMILIE
Bereitschaftspflegeeltern können Paare, Einzelpersonen oder Lebensgemeinschaften mit Erziehungserfahrung sein sowie "lebenserfahrene" Menschen, deren eigene Kinder langsam aus dem Haus gehen bzw. das Haus bereits verlassen haben und die einem Kind für einen begrenzten Zeitraum einen geschützten Rahmen bieten können.
Bereitschaftspflegefamilien nehmen in der Regel ein Kind, im Ausnahmefall auch zwei Geschwisterkinder, für einen befristeten Zeitraum auf. Sie sind mit der kurzfristigen Aufnahme von Kindern aus Krisensituationen und einer in der Regel ungeklärten Perspektive konfrontiert.
Infolgedessen sind kurzfristige Erreichbarkeit, Flexibilität, Mobilität, Zeit für eine bedarfsgerechte Betreuung und Belastbarkeit wichtige Eigenschaftsmerkmale einer Bereitschaftspflegefamilie. Darüber hinaus sollten sie einen Blick für besondere Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Kinder haben, diese wahrnehmen, dokumentieren und weitergeben, sowie angemessen darauf reagieren können. Dafür greifen die Pflegepersonen in der Regel auf Erfahrungen zurück, die sie während der Erziehung von eigenen Kindern oder von Pflegekindern gesammelt haben. Auch eine pädagogische Ausbildung und/ oder Berufserfahrung in pädagogischen Bereichen ist eine sinnvolle Grundlage für die Aufgabe als Bereitschaftspflegefamilie.
Folgende Voraussetzungen sollten gegeben sein:
- Erfahrung in der Erziehung von Kindern
- Hauptbetreuungsperson ist nicht berufstätig bzw.
arbeitet von zu Hause aus
- Adäquater Altersabstand zu den eigenen Kindern
- Verständnis, Toleranz und eine generelle Offenheit
gegenüber anderen Lebenswelten
- Positive Einstellung aller im Haushalt lebenden
Personen zur Bereitschaftspflege
- Bereitschaft zur Kooperation mit den Eltern der Kinder
sowie dem Familiennetzwerk Siegen und dem
Jugendamt
- Verfügbarkeit eines sozialen Netzwerkes
- Einfühlungsvermögen und Geduld
- Belastbarkeit und Reflexionsfähigkeit
- Flexibilität und Mobilität
- Beobachtungsgabe
- Kurzfristige Erreichbarkeit
- Finanziell ausreichende und stabile Lebenssituation
- Ausreichender Wohnraum
- Vorlage eines erweiterten, polizeilichen
Führungszeugnisses
- Vorlage eines amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses
- Teilnahme an Austauschforen und
Fortbildungsveranstaltungen
LEISTUNGEN DES FAMILIENNETZWERK SIEGEN
Die Bereitschaftspflege von Kindern aus krisenhaften Lebenssituationen ist eine Aufgabe, die hohe Anforderungen an eine Bereitschaftspflegefamilie stellt.
Aus diesem Grunde ist eine professionelle Vorbereitung und eine fachlich qualitative wie verlässliche Begleitung inklusive entsprechender Fortbildungsmaßnahmen und Reflexionsmöglichkeiten unabdingbar.
Das Familiennetzwerk Siegen bietet allen Bewerbern für eine Bereitschaftspflege vor der zeitlich befristeten Aufnahme eines Kindes eine persönliche und nachhaltige Vorbereitung. Wir bereiten die potenziellen Bereitschaftspflegeeltern auf Ihre Aufgabe professionell vor, qualifizieren sie und erfassen und bewerten die Kompetenzen und Ressourcen in intensiven Gesprächen. Gemeinsam mit den Bewerbern wird im Vorbereitungsprozess erarbeitet, welche Kinder sie in ihrer Familie vorübergehend betreuen können, ohne dass es die Belastungsgrenzen der Familie überschreitet. Zum Abschluss des Vorbereitungsprozesses erstellen wir ein Profil der Bereitschaftspflegefamilie.
Vor und während der Bereitschaftspflege bieten wir eine intensive Begleitung, Betreuung und Beratung. Im Bedarfsfall kontaktieren wir zeitnah die Bereitschaftspflegefamilie, begleiten die Übergabe des Kindes und sind im Rahmen der Aufnahme bei der Bereitschaftspflegefamilie vor Ort.
Gleichzeitig erhält die Bereitschaftspflegefamilie als Erstinformationen einen Aufnahmebogen mit
fallrelevanten Daten (Schule, Kinderarzt, wichtige Angaben zur Versorgung, Umgangsberechtigung) sowie notwendige Dokumente (insbesondere Krankenversicherungskarte, Impfpass).
Wir betreuen die Bereitschaftspflegefamilie auf Basis der Perspektivplanung durch regelmäßige Kontakte und Hausbesuche, beraten in pädagogischen Fragen, begleiten die Besuchskontakte mit den Eltern oder den Angehörigen des Kindes, unterstützen die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und mit weiteren beteiligten Institutionen, fördern die Kompetenzen der Bereitschaftspflegeeltern im Rahmen der Fachberatung sowie durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen und Austauschforen. Im Gesamtprozess der Bereitschaftspflege arbeiten wir eng mit dem Jugendamt zusammen. Unser Fokus ist auf das Kind und seine Entwicklung in der Bereitschaftspflegefamilie gerichtet. Das Jugendamt klärt und entscheidet die weitere Perspektive des Kindes gemeinsam mit den Sorgeberechtigten.
In der Phase der Ablösung wird die im Perspektivplan getroffene Entscheidung zur Beendigung der Maßnahme vorbereitet und umgesetzt. Zusammen mit der Bereitschaftspflegefamilie begleiten und unterstützen wir die Rückführung des Kindes in seine Herkunftsfamilie bzw. die Weitervermittlung, z.B. in eine stationäre Einrichtung oder in ein dauerhaftes Pflegeverhältnis.
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FINANZIELLE LEISTUNGEN |
BETREUUNGSVERGÜTUNG
Die Bereitschaftspflegeeltern erhalten ab dem Tag der Aufnahme eines Pflegekindes einen Tagessatz von
86,22 € (Stand: 01.01.2024) vom zuständigen Jugendamt. Mit diesem Betreuungsgeld wird der notwendige Lebensunterhalt des Kindes in vollem
Umfang sichergestellt. Er beinhaltet insbesondere die Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung und persönliche Bedürfnisse. Zudem umfasst der Pflegegeldbetrag einen Beitrag für den
Erziehungsaufwand.
Mit Aufnahme des Kindes können notwendige Anschaffungen auf Antrag übernommen werden. Ebenfalls können bei Bedarf und nach Absprache mit dem Familiennetzwerk Siegen und der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Stadt Siegen die Kostenbeiträge für spezielle Einrichtungen, wie zum Beispiel Waldorf Kindergarten und private Schulen, sowie im Bedarfsfall Fahrtkosten zu den entsprechenden Einrichtungen, übernommen werden. In Bereitschaftspflegefamilien untergebrachte Kinder sind durch das Jugendamt unfall- und haftpflichtversichert.
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BEREITSCHAFTSPFLEGE
Wir bieten regelmäßig im Jahr Informationsabende und 2-tägige Vorbereitungsseminare für interessierte Pflegeelternbewerber in unseren Räumlichkeiten an. Die nächsten Termine für den Informationsabend und für das Vorbereitungsseminar finden Sie hier.
Sie können sich gerne telefonisch oder per
E-Mail bei uns anmelden. Wenn Sie bis zum nächsten Informationsabend nicht warten wollen - kein Problem. Dann
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Ihnen ein persönliches Kennenlern- und Informationsgespräch.
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